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Leiterin Gabriele Backer verlässt Edith-Stein-Schule

 
Im Kontakt mit den Schülern: Im offenen Ganztag hilft Schulleiterin Gabriele Backer bei der Hausaufgabenbetreuung. Auch das Spielen kommt nicht zu kurz, wie hier mit den Schülern (v. l.)Mitko (7), Samaa (10), Despina (7) Etze (7) und Phunyawee (7).

Wenn Gabriele Backer durch die Edith-Stein-Grundschule geht, ist ihr Aufmerksamkeit gewiss. Sofort hängen an ihr zwei, drei Kinder, wollen die Schulleiterin gar nicht mehr los lassen. Lächelnd fragt sie dann "musst du nicht in deiner Klasse sein?" und kleinlaut hüpfen die Schüler von dannen. "Das werde ich vermissen", sagt Backer wehmütig. Denn am Donnerstag wird sie als Schulleiterin in die Altersteilzeit verabschiedet. 21 Jahre arbeitete Backer an der Grundschule in Spexard. Erst als Lehrerin, dann als Konrektorin und die letzten sechs Jahre als Schulleiterin. Die Schule hat sich unter ihrer Leitung verändert, sagt die Vorsitzende der Schulpflegschaft, Silke Steinberg. Und weiter: "Die Schule ist ein Ort der Geborgenheit und der gelebten Toleranz geworden." Was innerhalb der Schule gelebt wird, war von außerhalb nicht immer zu spüren. Der hohe Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund, immerhin 90 Prozent, hat dem Ruf geschadet. Kinder aus 25 Nationen lernen an der Grundschule gemeinsam. Das liegt vor allem an der Auffangklasse, in der Schüler ohne Deutschkenntnisse erste Worte lernen. Die Arbeit mit diesen Kindern ist manchmal schwierig. "Viele sind ganz alleine nach Deutschland gekommen und haben sich bis nach Gütersloh durchgeschlagen", sagt Backer. Sie seien traumatisiert, manchmal ängstlich und oft müssten sie erst lernen, sich an Regeln zu halten. "Vorher ging es ums Überleben, da zählen Regeln oft nichts." Einfühlsam und mit viel Empathie arbeiten Kollegium und Schulleitung. Unterstützung erhalten sie von einer Sonderpädagogin und zwei Sozialarbeitern.

Backer war es wichtig, die Kinder in den normalen Schulalltag zu integrieren. So bald wie möglich dürfen sie zu den Regelklassen in den Unterricht gehen: "Zum Beispiel im Mathematik- und Sportunterricht." Nach spätestens zwei Jahren wechseln alle Schüler aus der Auffangklasse in die anderen Klassen. Den frühen Austausch führte die Leiterin erst vor wenigen Jahren ein - und ist damit erfolgreich. Schon immer wollte sie Lehrerin werden, sagt Backer. "Mein Vater war Lehrer und wir lebten, bis ich sieben Jahre alt, war in einer Dienstwohnung", erinnert sie sich. Nur Rektorin werden, das wollte sie nie. Am Ende ist sie doch hinter dem großen Schreibtisch gelandet - auf Empfehlung von Freunden und Kollegen. In Bielefeld hat Backer als junge Frau studiert, in Porta Westfalica angefangen zu arbeiten. Für ihren Mann ist sie nach Gütersloh gezogen. "Kinder liegen mir am Herzen", sagt sie. Das bestätigt auch Steinberg: "Sie hat die Schule gelebt." Für Kinder, Eltern und Lehrer habe sie immer ein offenes Ohr. Jederzeit war sie ansprechbar, genoss es aber auch, noch einige Stunden Unterricht zu geben. "Im offenen Ganztag betreue ich außerdem bei den Hausaufgabenstunden." Noch so ein Herzensprojekt von Backer: "Die OGS ist mein Baby." Die Edith-Stein-Schule war die zweite in Gütersloh, die einen offenen Ganztag anbot. Auch die Kinder der Auffangklasse sind dabei.

In Spexard hat sich die Schule mittlerweile einen guten Ruf erarbeitet. Das liegt auch an der Bläserklasse und am Chor, die oft zu Auftritten eingeladen werden. Zwei Projekte, mit denen Backer versucht, Schulkinder und Nachbarschaft zu verknüpfen. Nicht immer ein leichtes Unterfangen. Bei einem Sponsorenlauf hieß es beispielsweise "das sind ja alles Schwarze". "Ich war richtig wütend darüber", sagt Backer. Wenn Backer bald ihre letzten Runden durch die Schule dreht, wird sie das mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun. Denn neben aller Wehmut freut sie sich auf ihren Ruhestand. "Dann habe ich endlich mehr Zeit für meinen Enkel". Und zu Hause wartet auch ihr Wohnmobil, mit dem sie und ihr Mann durch Europa reisen möchten. (Neue Westfälische vom 20.6.2015)



Letzte Änderung: 12. April 2016