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Beim Heimatabend ging es ordentlich zur Sache

 
Moderatorin Ingrid Hollenhorst begrüßte nicht nur leibhaftige Akteure auf der Bühne im Spexarder Bauernhaus, sondern auch die Puppen, die der Schützenthron des Vorjahres mitgebracht hatte.

Am Ende stand ein Mord. Oder zumindest dessen Andeutung, denn Blutvergießen im Bauernhaus wäre dann vielleicht doch etwas zu viel des Guten gewesen. Als ganz so bieder und brav wie man hätte denken können, erwies sich der 26. Spexarder Heimatabend trotzdem nicht. Stattdessen gab es zum Auftakt der dreitägigen Festivitäten am Donnerstagabend freche Dialoge und dreckige Kostüme zu sehen, die in ein Theaterstück mündeten, das Spexard um ein Haar zum Tatort gemacht hätte. Los ging es aber erst einmal mit Brigitte Stükerjürgen und Burkhard Willmann. Die beiden brachten als altes Ehepaar Erna und Heinz einen kurzen Aufwärm-Sketch auf die Bühne und witzelten das voll besetzte Bauernhaus mit rhetorischen Fragen wie der, ob Ehe denn jetzt gleichbedeutend mit betreutem Denken sei, in die richtige Stimmung. Mit rhythmisch wippenden Beinpuppen sorgte der aktuelle Schützenthron anschließend für zusätzliche Lacher. Fehlen durfte bei einem ordentlichen Heimatabend aber natürlich auch der obligatorische Spielmannszug nicht - der trat in Müllmann-Kluft auf die Bühne und gab mit Besenstampfen und Gesang sowie Flötentönen aus der Tonne (im buchstäblichen, nicht im übertragenen Sinn) Klassiker wie die Jim-Knopf-Titelmelodie oder Queens "We Will Rock You" zum Besten. Nicht unbedingt das, was man von einem Heimatabend erwartet hätte, dem Publikum aber schien es bestens zu gefallen.

 
Stadt-Bediensteter Franz (Eckhard Westerbarkei, rechts) musste den Anweisungen von Bürgermeister Hans Dampf (Uli Werner) folgen und u. a. den Rasen von Heidrun Zickenbach (Christina Brüggemann) mähen.

Ingrid Hollenhorst hat das nicht überrascht - für jeden solle hier etwas dabei sein, erzählte die Moderatorin. Dabei hätten die Spexarder die Annäherung an jüngere Semester als Antwort auf den demographischen Wandel eigentlich gar nicht nötig: "Der Altersdurchschnitt beträgt 43 Jahre", so Hollenhorst über den knapp 400-köpfigen Verein. "Wir haben ohnehin sehr viele junge Leute hier." Die Resonanz ist tatsächlich quer durch alle Altersklassen hindurch bezeichnend: An allen drei Tagen seien die jeweils knapp 130 Plätze im Bauernhaus nach Angaben des Vereins in Windeseile weg gewesen. Und so wurde die Theatergruppe des Heimatvereins gleich am ersten Abend ins kalte Wasser eines vollen Hauses geworfen. Der Grundkonflikt in "Wunder, Zoff und Zunder" war schnell klar: Der brachiale Macho-Bürgermeister Hans Dampf liegt im Clinch mit Pfarrer Josef Keusch. Seit Anfang des Monats haben die acht Darsteller dafür tagtäglich neben Arbeit und Familie die zwei Stunden füllende Komödie aus der Feder von Bernd Gombold eingeübt. Im Bauernhaus spielten sie dann in locker-familiärer Atmosphäre mit gelegentlicher Hilfe der Souffleuse befreit auf - als "Lustspiel" wurde das Stück angekündigt, und genau das bekamen die Zuschauer. Aus den Machtspielchen von Bürgermeister und Pfarrer wurde so eine Erzählung über verbotene Liebe, gefährliche Geldgier und gekochte Hasen. Letzterer sorgte schlussendlich dafür, dass das gerade erste begrabene Kriegsbeil zwischen den beiden Dorf-Alphas wieder hervorgeholt wurde - gerade noch rechtzeitig vor der Kollision zwischen Bürgermeisters Gabel und Pfarrers Kopf aber gelang es, den Bühnenvorhang zuzuziehen. (Neue Westfälische vom 12.11.2016)



Letzte Änderung: 23. November 2017