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Historischer Fund in Spexard

 
Im Graben: Der städtische Mitarbeiter Clemens Pollmeier.

Ein Fund von historischer Bedeutung wurde gestern Morgen vom Grünflächenamt der Stadt Gütersloh aus einem Seitengraben des Ölbachs geborgen und für die Geschichtsforschung und der Nachwelt gesichert. Der 1774 gesetzte und verschollene Grenzstein zwischen der Grafschaft Rietberg und dem Füstbischhöflichem Osnabrückschen Amt Reckenberg trägt die Nummer 16. „Das ist ein toller Fund“, freute sich Johannes W. Glaw, der Gütersloher Stadtarchäologe, über die Bergung des tief abgerutschten Grenzdokumentes. „Wenn wir ihn jetzt nicht geborgen hätten, wäre er schnell in Vergessenheit geraten.“ Das Erdreich und das Wasser an der tiefen Böschung hatten den Stein nämlich vereinnahmt. Die Grenzmarkierung aus Bielefelder Sandsein steht am Dreiländereck der früheren Bauerschaften Lintel, Spexard und Varensell und bildet bis heute eine Grenze.

Der Bodendenkmalpfleger Johannes W. Glaw hatte im April mit dem Heimatverein Spexard eine Begehung der Grenzsteine aus früheren Zeiten unternommen. Zufällig und nach langer Suche und Recherche mit Fotos von 1987 wurde der Stein wiedergefunden und identifiziert. Glaw informierte den Denkmalpfleger Ulrich Paschke. Der Kontakt mit den drei Städten Rietberg, Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh und der Bezirksregierung in Detmold wurde aufgenommen. Der Eigentümer ist das Land Nordrhein-Westfalen und die zuständige Behörde für Grenzsteine die Bezirksregierung. Als jetzt die Genehmigung zur Bergung aus Detmold erteilt wurde, leitete Ulrich Paschke die weiteren Maßnahmen ein. Das Fachbereich öffentliche Grünflächen wurde informiert und mit dem zuständigen Leiter der Grünflächenunterhaltung Ulrich Wittenbrink die Bergungsmaßnahmen geplant. Nach der Ortsbegehung gruben die städtischen Mitarbeiter Clemens Pollmeier und Jörg Heitmann den mehrere Zentner schweren Stein frei und holten ihn mit Hilfe eines Baggers aus dem Graben. „Der Zeitpunkt war wegen des niedrigen Wasserstandes des Ölbachs ideal“, sagte Ulrich Wittenbrink.

 
Bei der Begutachtung: Denkmalpfleger Ulrich Paschke (l.) und Stadtarchäologe Johannes W. Glaw (r.).

Nach der Bergung wird „Nummer 16“ im städtischen Bauhof gereinigt und begutachtet. Die bei der Erstellung eingemeißelten Wappen sind schwer zu erkennen. Das Wasser könnte eine Seite abgerieben haben. Sicher ist, dass der Stein vor mehreren Jahren abgerutscht ist und in Vergessenheit geriet.
Das Reckenberger Wagenrad und der Rietberger Adler waren gestern nur mit äußerster Mühe zu erkennen. „Nach der Aufhebung der heimischen Teretorien 1815 sind diese Wappen oftmals zerstört worden“, hatte Paschke eine erste mögliche Erklärung für die fast unkenntlichen Wappen. Zu erkennen waren allerdings die Schleifspuren von Sensen. Die Steine waren früher hervorragend zur Schärfung des Ackergerätes geeignet. „Bessere Steine gab es nicht“, erklärte Ulrich Paschke auf dem abgemähten Kornfeld, wo die erste Begutachtung mit dem Rheda-Wiedenbrücker Denkmalpfleger Klaus Landwehr stattfand.

Die Aufarbeitung liegt jetzt in den Händen der Stadt Gütersloh. Zum Tag des offenen Denkmals am 9. September wird der Grenzstein am Spexarder Bauernhaus zu sehen sein. „Wir werden ihn gut präsentieren“, versprach Ulrich Wittenbrink. Der Heimatverein Spexard und Denkmalpfleger Ulrich Paschke werden eine kleine Dokumentation über die Grenzsteine und die Grenzziehungen aus alten Zeiten erstellen.
Die Anfertigung des Grenzsteines erfolgte 1774 durch einen Bielefelder Steinmetz. Der schwere Stein wurde mit weiteren 23 Steinen für die Außengrenzen des Amtes Reckenberg mit sechs Wagen zu je vier Pferden aus Bielefeld abgeholt. Jedes Gespann brachte zwei der schweren Brocken an den Bestimmungsort. Die Kosten (22 Goldmark pro Stück) teilten sich das Amt Reckenberg und die Grafschaft Rietberg. Heute existieren noch 13 dieser historischen Steine.



Letzte Änderung: 20. März 2013