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Pater Steckling berichtet vom Requiem für den Papst

 
Kardinäle beim Einzug auf den Petersplatz

Gerade komme ich vom Petersplatz zurück. Im Luftraum über uns lärmen noch die Hubschrauber; sie sichern die beginnende Rückreise von etwa 200 Staats- und Regierungsoberhäuptern. Auch die großen Pilgermassen werden sich auf den Heimweg begeben. Ja, es war eine große Beerdigung. Beeindruckt haben mich weniger die Superlative als einige Momente der Feier selbst. Die fünf oder zehn Minuten Pause zwischen der Heiligen Messe und dem Beerdigungsritus gaben besonderen Raum für spontane Reaktionen der Menge. Zunächst herrschte Stille, doch dann begriffen alle, dass der Moment des Abschieds von Johannes Paul II gekommen war. Es begann ein langer, nicht enden wollender Applaus; hier in Italien ein Zeichen des Respekts. Der Applaus wiederholte sich noch einmal am Ende, als der schlichte Holzsarg im Dunkel der Petersbasilika verschwand.

Schon gestern fragte ich mich: was bringt alle diese Menschenmassen nach hier, dazu alle diese politischen Würdenträger aus aller Welt, die Vertreter verschiedener Konfessionen und Religionen? Warum nehmen sie alle soviel auf sich, um einen Toten zu ehren? Hat Karol Wojtyla sich so eine Beerdigung durch viele Anstrengung verdienen können? Kann das je ein Mensch?

 
Nicht nur der Petersplatz, sondern ganz Rom war überfüllt.

Die Worte Kardinal J. Ratzingers, der die Totenmesse feierte und predigte, enthalten eine Antwort auf diese Frage. Die Predigt stand ja, wie es viele gehört haben, unter dem Thema der Worte Christi: „Folge mir!“ Johannes Paul II ist Christus nicht nur treu gefolgt bis in die letzten Jahre des Leidens hinein, er ist ihm mit der Zeit ähnlich geworden. „Christus und er wurden eins“, hieß es in der Predigt. Ich glaube, das hat im Grunde die vielen Menschen hierher gebracht. In Johannes Paul hatten sie jemanden gefunden, der sie an Christus erinnerte. Das irdische Leben von Karol Wojtyla ist nun beendet aber, was in ihm von Gott war, bleibt. Noch am Ostersonntag hatte unser Papst die Menge von seinem Fenster aus gegrüßt, bereits ohne Worte. Jetzt wird er uns wohl, sagte Kardinal Ratzinger, aus dem Fenster unseres ewigen Vaterhauses zuwinken.

Nach dem Tod dieses Großen der Geschichte, welche Aufgabe bleibt für uns? Auf den Sarg des Papstes wurde zu Beginn der Feier ein offenes Evangelienbuch gelegt. Die Windböen blätterten darin und schlugen es am Ende zu. Das offene Buch dieses Menschen, den wir begraben haben, ist zu. Wer ist bereit, mit seinem Leben das Evangelium neu zu öffnen?

Rom, 8. April 2005

P. Wilhelm Steckling, O.M.I.



Letzte Änderung: 18. Mai 2005